Ludwig Heinrich Jungnickel
Ludwig Heinrich Jungnickel wurde am 22. Juli 1881 in Wunsiedel im oberfränkischen Fichtelgebirge geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in München. Nach dem Besuch der dortigen Kunstgewerbeschule zog es ihn 1899 nach Wien, wo er an der Akademie der bildenden Künste und Kunstgewerbeschule studierte.
Seine ersten internationalen Erfolge erzielte er 1906 mit einer Serie von Schablonenspritztechniken und 1909 mit einer Folge von Farbholzschnitten mit Tieren aus der Menagerie in Schönbrunn, für welche er 1911 auf der Internationalen Kunstausstellung in Rom den Grafikerpreis erhielt. Ab 1908 entstanden zahlreiche Entwürfe für die Wiener Werkstätte, in Zusammenarbeit mit den befreundeten Künstlern Josef Hoffmann und Gustav Klimt gestaltete Jungnickel die Wandfriese für das Kinderzimmer im Palais Stoclet in Brüssel. 1911 erhielt der Künstler eine Professur an der Kunstgewerbeschule in Frankfurt/Main.
Während seine frühen Arbeiten noch dem Wiener Jugendstil verpflichtet waren entwickelte Jungnickel zusehends seinen eigenen unverwechselbaren expressiven Stil – verwandt mit dem von Oskar Kokoschka und Egon Schiele, mit denen er in freundschaftlichem Kontakt stand. 1918 erlangte Jungnickel die österreichische Staatsbürgerschaft.
Die Jahre der Zwischenkriegszeit waren von häufigen Studienreisen des Künstlers geprägt. Aufenthalte auf dem Balkan und in Italien spiegeln sich in einer Reihe von Genreszenen und Landschaftsdarstellungen wider. Großformatige Ölbilder entstanden. Ab 1924 war Jungnickel Mitglied des Wiener Künstlerhauses. Seine Werke wurden auf internationalen Ausstellungen in Europa und in den USA präsentiert. Zahlreiche Ehrungen wurden ihm zuteil, so z. B. 1930 der Österreichische Staatpreis für bildende Kunst oder 1937 der Große Österreichische Staatspreis.
1938 emigrierte Jungnickel durch die politischen Umstände veranlasst nach Jugoslawien, wo er sich bis 1952 in Opatija aufhielt. Er wurde 1942 in Abwesenheit wegen „staatsfeindlicher Betätigung“ angeklagt und mit Ausstellungsverbot belegt; ein Wiener Atelier beschlagnahmte die Gestapo. 1945 wurde eine weitere Wohnung mit Atelier in Wien ausgebombt.
Erst 1952 gelang es dem inzwischen verarmten Künstler nach Österreich zurückzukehren, wo er sich in Villach niederließ. Die Albertina Wien und das Joanneum Graz veranstalteten große Personalausstellungen. 1955 erhielt er vom österreichischen Bundespräsidenten eine Ehrengabe auf Lebenszeit, 1957 die Bronzemedaille für Verdienste um die Republik Österreich, 1958 wurde ihm der Professorentitel verliehen. In seinen letzten Lebensjahren widmete sich der Künstler ausschließlich der Tierzeichnung. Jungnickel gilt heute als bedeutendster Tierdarsteller des 20. Jahrhunderts.
Ludwig Heinrich Jungnickel starb am 14. Februar 1965 in Wien.